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Erinnerungen für Generationen

Das Leben der Familie Schlegel, ein Leben von- mit- und über das Kino.


Ein Kindheitstraum— entstanden in den Wirren der Weimarer Republik, gewachsen in den folgenden Jahren, über das Wirtschaftswunder, Weltwirtschaftskrise bis Heute— Retroperspektive einer Kinogeschichte.

Elga, Kurt, Hans, Walter und Stefan Schlegel sind die mit der Geschichte der Lichtspiele Mössingen verbundenen Namen. Vorallem Walter und Kurt sind die treibenden Kräfte der Enstehung des Kinos in Mössingen und Umgebung.
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  • 1

    1931 im Alter von drei Jahren sieht Walter den ersten „Filmpalast“ in Stuttgart. Drei Jahre später darf er mit seiner Tante das erste Mal ein Lichtspielhaus in der Calwer Strasse besuchen. Seit diesem Tag hat ihn der Virus der „bewegten Bilder“ entgültig infiziert. Kaum wieder in Mössingen bei seinen Eltern Wünscht er sich eine Filmkamera. Dann endlich zu seinem Geburtstag ist es soweit, eine Kamera mit bewegten Bildern. Es folgte schon bald eine zweite mit Diabildern, denn die Schlegel’sche Stube war schon Walters erstes Kino. Mit diesen Eintrittsgeldern finanzierte er die Schule und seine ersten „richtigen Filme“, die aus ausrangierten 30zig Meter langen Filmstreifen bestanden. Mit diesen zeigte er Ausschnitte aus Filmen und Wochenschauen.
    Das erste eigene Kino war das legendäre Holzstallkino, das Walter mit Unterbrechung in den Jahren 44/45 bis in die französische Besatzungszeit hinein betrieb.
    Die Franzosen hatten eine Bauer-Transportmaschine für Wanderkinos aus dem Bestand der Gaufilmstelle beschlagnahmt, mit dieser zeigten sie im Lammsaal französische Filme für die Soldaten. Kurt führte die Filme vor und Walter wies die Plätze an. Auch nach Hechingen und Reutlingen brachten sie die Vorführungen für die Soldaten.

  • 2
    Dann endlich bot sich 1948/49 die Möglichkeit zum Erwerb einer eigenen Lizenz für Wanderkinos. Sie erwarben die Lizenz, einen dazu gehörenden Goliath nebst Wanderapparat und Geräten. In jedem Großen Saal in der Umgebung führten sie nun Filme vor. Das Wanderkino wurde bis in die 60er Jahre betrieben, Kinosäle und die zunehmende Mobilität bedeuteten das Aus für das Wanderkino.
     
  • 7
    Der 12.12.1952 bedeutete die Realisierung des größten Traums– ein eigenes Kino zu betreiben–die Lichtspiele Mössingen eröffneten mit dem Film „Die Martinsklause“. Das Cinema Paradiso vom Steinlachtal, oder einfach nur kurz Paradiso im Sprachgebrauch, beginnt eine Kinogeschichte mit Höhen und Tiefen, bleibt einer der letzten Filmpaläste der heutigen Zeit.
    Architekt Keller und die Schlegels haben dieses Kino mit sehr viel Liebe zum Detail und Voraussicht geplant und gebaut. Es ist heute noch fast Original erhalten und für jeden Besucher eine Reise in die Jugend und Vergangenheit. Es konnte durch die optimale Planung 1958 ohne bauliche Veränderungen auf Cinemascope (Breiwandformat), welches heute noch aktuell ist, umgestiegen werden.
    Zwei in den 90er Jahren gebraucht gekaufte Bauer-Projektoren, die mit Überblendtechnik arbeiten sind Schmuckstücke der Vorführtechnik und haben die ursprünglich instalierten Filmapparate von Frieseke & Hoepfner abgelöst.
    Es gibt ein wunderschönes Buch über die Lichtspiele Mössingen, in welchem auch sehr viel über die Technik, Kino und die komplette Geschichte der Lichtspiele Mössingen nachzulesen ist.
  • 4

    Die letzten fünf Jahrzehnte brachten sehr viele verschiedene Filmrichtungen mit sich. In den 50ern kamen viele amerkikanische, fränzösische, italienische und britische Filme nach Deutschland, die fast nur in den Spätvorstellungen gezeigt werden konnten, da die deutschen Filmverleiher äußerst harte Verträge mit den Kinos abschlossen und somit fast gänzlich deren Programm bestimmten. Dazu kam in den 50er und 60er Jahren eine sehr strenge Mössinger Sittenpolizei, die jede Vorstellung persöhnlich überwachte. Eine Lockerung kam Ende der 60er für die Kinos und es entwickelte sich eine Freizügigkeit in den folgenden Jahren, die in den berühmten „Schulmädchenreporten“ gipfelte. Dies waren versuche das Kinosterben das Ende der 60er Jahre begann aufzuhalten. Die Konkurrenz durch das Fernsehen drängte das Kino zu immer neuen Techniken wie 3D oder Cinerama. Desweiteren wurden die Nieschen ausgenutzt, die dem Fernsehen verwehrt blieben aufgrund der strengen Zensur. Nach den Heimatfilmen in den 60ern folgte nun „Sex, Crime und Horror“. Es wurde freizügiger, blutiger und gruseliger im Kino.

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    Diese Sparte— die für das Fernsehen bis dato als Tabu geltenden Filme— wurde dann in den 80er Jahren durch das Privatfernsehen ausgestrahlt.
    Bereits in den 50ern kamen die Jugendfilmclubs auf, deren Idee darin lag sich wieder mehr den ästhetisch-künstlerischen Filmen zuzuwenden. 1963 wurde auch in den Lichtspielen Mössingen ein Jugendfilmclub gegründet, der sich fast zehn Jahre gehalten hat.

  • 6
    Für den Erhalt der Lichtspiele haben in den Jahren von 1964-1984 erheblich unsere italienischen Mitbürger, die Anfang der 60er Jahre nach Mössingen kamen, beigetragen. Durch die Ausstrahlung von Original italienischen Filmen machten sie den Kinobesuch zu Familienfesten für Italiener aus der ganzen Gegend. Das endete dann auch mit der Verbreitung von Videos und der Verbreitung von Parabolantennen zum Empfang ausländischer Fernsehsender.
    Es setzte ein weiteres Kinosterben ein. Nur durch privates Kapital von Walter und Kreativität konnten die Lichtspiele gerettet werden. „Kino am Freitag“, die Rückkehr zu Qualitätsfilmen; wie 1991/92 „50 Meisterwerke der Filmkunst, „Kino und Kirche“ und die Ausstrahlung von Stummfilmen mit Klavierbegleitung waren Erfolge die das Kino wieder in Schwung brachten.
     Seit Mitte der 80er Jahre konnte Stefan Schlegel sehr viele Auszeichnungen und Preise ergattern, in Zusammenarbeit mit Walter wurden ihre Bemühungen um Qualitätskino mit Fördergeldern von Stadt und Land bedacht.
    All diese Umstände und Gönner machten es möglich dieses einzigartige Original zu erhalten!!